Solaris

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Published

18.03.2003 00:00

USA (2002) Regie: Steven Soderbergh Darsteller: George Clooney (Dr. Chris Kelvin), Natascha McElhone (Rheya), Viola Davis (Gordon), Jeremy Davies (Snow), Ulrich Tukur (Gibarian) und ein roter Planet Offizielle Homepage

Als von der Forschungsstation Prometheus, die um den Planeten Solaris kreist und diesen erforschen soll, keine Nachrichten mehr zur Erde gelangen und auch Suchtrupps spurlos verschwinden, bleibt der Betreiberfirma nur noch eine Wahl: Der Psychologe Dr. Chris Kelvin, der ein enger Freund des Stationsleiters Gibarian ist, wird auf die weite Reise geschickt um zu retten was noch zu retten ist. Auf der Station angekommen muss Kelvin erst einmal den Selbstmord seines Freundes entdecken, doch bei der Aufklärung der ganzen Sache sind die beiden anderen eigenbrötlerischen Wissenschaftler keine grosse Hilfe; beide scheinen unter großen Druck zu stehen und irgendetwas zu verheimlichen. Doch schon am nächsten Morgen ist auch Dr. Kelvin mit seinem Latein am Ende, denn er erwacht neben seiner Frau - seiner Frau, die vor Jahren auf der Erde Selbstmord beging…

Bevor ich mich jetzt über den Film auslasse muss ich vorher noch zwei Sachverhalte klarstellen: Zum Einen habe ich das Buch gelesen, die Tarkowski-Verfilmung jedoch nicht gesehen. Und zweitens halte ich den Regisseur Steven Soderbergh für den am meisten überschätzten Mann Hollywoods - ich habe noch keinen Film von ihm gesehen, den ich als hervorragend bewerten würde!

Nach diesem Festsetzen meines Ausgangspunktes ging ich natürlich auch hier mit Vorurteilen und einer vorgefertigten Meinung in den Film; ahnend, dass mir Herr Soderbergh keine perfekte Umsetzung des guten Lem-Romans vorsetzen würde. Umso erstaunter war ich, als zumindest die erste halbe Stunde lang der Film genau das Gefühl in mir widerspiegelte, welches ich beim Lesen auch empfunden hatte: Die Ankunft auf der verlassen und verkommen wirkenden Station und die ersten surrealen Begegnungen mit den anderen Wissenschaftlern; das plötzliche Aufwachen neben der eigenen, toten Freundin. Bis hierhin hält sich der Regisseur noch an das Buch, doch dann schweift er leider mehr als ab vom Thema.

Geht es im Buch um den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem lebenden Ozean, der nach Jahrhunderten der Forschung in dieser letzten Station als Fehlschlag begraben werden muss, so erfährt man im Film nur in einem kurzen Nebensatz, dass der Planet für das Auftauchen der “Besucher” verantwortlich ist. Warum und mit welcher Intention dies geschieht und warum Solaris sich am Ende so stark vergrössert, wird nicht hinterfragt; stattdessen wird aller paar Minuten die tolle Einstellung auf die Korona des Planeten gezeigt und damit hat es sich - dabei hätte ich so gern einmal den lebenden Ozean gesehen und die Figuren, mit denen er sich den Menschen versuchte zu offenbaren (oder sie zu verwirren).

Auch die Frage, was diese “Besucher” nun eigentlich sind, wird in ein paar Dialogen zwischen Kelvin, Rheya und Gordon abgehandelt, das Vernichten mit der Hicks-Welle (wie bitte?!) ist die einzige gute Idee des keinen ganzen Satz zustande bringenden Snow. Nur wieso kann jemand, der nur aus Erinnerungen zusammengesetzt ist, die Physik begreifen? Auch bei Lem im Roman werden die “Besucher” sich ihrer Mängel bewusst, doch kann man in einer Kopie der eigenen Erinnerungen überhaupt sinnvoll weiterleben? Soderbergh beantwortet diese Frage mit der unlogisch konstruierten Figur Snow eigentlich schon selber mit Nein, wodurch das natürlich von Lem abweichende Ende auch gar keine Sinn ergibt!

Als Verfilmung des Lem-Klassikers hat der Regisseur also auf ganzer Linie versagt, doch wie steht es mit dem unabhängigen Film “Solaris”? Da wären auf der einen Seite die zum Kammerspiel geschrumpften Kulissen der Station, denen immer wieder die riesigen Weiten der Solaris entgegengesetzt werden. Viel Budget benötigte man dafür nicht, noch dazu wo der Großteil der Aufnahmen sehr dicht an die Schauspieler heran geht. Von denen kann jedoch keiner brillieren. Viola Davis und Jeremy Davies dienen meistens nur als Wortgeber, alleine Snow nimmt man die starke Anspannung und den Stress etwas mehr ab, obwohl nie klar wird ob das nicht auch die üblichen Verhaltensmuster eines zerstreuten Wissenschaftlers sind. George Clooney dagegen übt sich im 100-Minuten-keinen-Mundwinkel-verziehen und mimt den abgestumpften, vom Leben enttäuschten urbanen Menschen - keine wirkliche Leistung (und um ihn nackt zu sehen bin ich nicht ins Kino gegangen). Die weibliche Hauptrolle Natascha McElhone kann zumindest in den Rückblenden für etwas mehr Leben sorgen - ansonsten setzt auch sie nur bedeutungsschwangere Gesichter auf. Und als ob dies noch nicht genug wäre verwöhnt uns Herr Soderbergh nur mit sehr wenig Dialog und lässt ansonsten leere Gänge und Gesichter minutenlang auf uns einwirken. Mit bedeutungschwangerer Musik unterlegt, versteht sich. Da schleicht sich der Verdacht auf, dass hier jemand sein eigenes 2001 erschaffen wollte. Was aber bleibt übrig an Bedeutung, wenn man zwei wichtige Handlungsstränge der Buchvorlage einfach ignoriert? Die Geschichte um die Wiedergutmachung des Selbstmordes seiner Frau reicht nicht aus um den Zuschauer etwas für den Geist mitzugeben, und unterhalten wird er schon gar nicht…

Fazit: Sterile Bilder und eine sehr dialogarme, gestreckte Handlung machen aus der Verfilmung eines lesenswerten Buches eine banale Fragestunde um Vergangenheitsbewältigung und Zukunft - hier wurde viel Potential vergeben, nur für zwanghaft Intellektuelle zu empfehlen.