Fahrenheit 9/11

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Published

03.08.2004 00:00

USA (2004) Regie: Michael Moore Darsteller: Michael Moore, George W. Bush, Paul Wolfowicz, John Ashcroft, Osama bin Laden, George Bush, Jeb Bush, Dick Cheney, Al Gore, Saddam Hussein, Colin Powell, Condoleezza Rice, Donald Rumsfeld, Britney Spears, Lila Lipscomb, Abdul Henderson und anderen Amis Offizielle Homepage

George W. Bush ist ein ganz böser, dummer Mensch. Dies will uns jedenfalls Michael Moore klar machen und zeigt ihn deshalb von seinen schlechtesten Seiten. Wie er alle seine Firmen in den Ruin trieb; wie er mit Hilfe seiner Familie die Präsidentschaftswahlen gewann; wie er überfordert von dieser Tätigkeit ausgiebig Urlaub macht und schließlich den Anschlag vom 11. September nutzt, um das Land in die Kriege gegen Afghanistan und den Irak zu führen (unter Vortäuschung falscher Tatsachen). Moore zeigt dabei Inhalte, die die Medien in den USA normalerweise nicht ausstrahlen oder erzählen…

Vor anderthalb Jahren hörte ich zum ersten Mal von Michael Moore in Zusammenhang mit dem Film Bowling for Columbine, welcher dann auch eine gute Bewertung in meiner Kritik erreichte. Dies führte dazu, dass ich mir gleich noch seine Bücher zulegte und mich als Fan seines recht humorigen Stils, im aktuellen Zusammenhang interessante Fakten zu präsentieren, oute. Folglich rannte ich auch in “Fahrenheit 9/11” und wurde doch (erwartungsgemäß) enttäuscht.

Dies hat mehrere Gründe. Zum Einen ist der Film reinste Propaganda. Moore hat nämlich nur ein Ziel - die Wiederwahl von George W. Bush im November zu verhindern. Dies wäre an sich nichts falsches, wenn sich der Regisseur dabei nicht der gleichen Mittel wie seine Gegner bedienen würde. Versucht die eine Seite, die Regierungsvertreter ständig im besten Licht zu zeigen, so kramt Moore Bilder hervor, die sie der Lächerlichkeit preisgeben. Er verschweigt konsequent Informationen, die seiner Argumentation hinderlich wären und versucht dem Zuschauer Indizien als Fakten zu verkaufen. Und hier kommt ein weiterer Punkt zum Tragen: Der Film ist als Wahlkampfspot gegen Bush nur für Amerikaner konzipiert worden. Deshalb geht er auch von einem komplett anderen Wissen seiner Zuschauer aus, als es in Europa der Fall ist. Hier weiß jeder, der nur etwas das poltitische Geschehen in den Medien verfolgt, dass in der Koalition der Willigen auch starke Bündnis-Partner wie England und Spanien vertreten waren (nicht nur Kiffer und Vampire) und dass im Irak nicht gerade die Atmosphäre herrschte, die Moore uns glauben lassen will.

Desweiteren fehlt dem Film eindeutig der Selbstdarsteller Moore. Diesmal tritt er nur einmal selbst in Aktion, als er nämlich Senatoren auf der Straße dazu bewegen will, ihre Söhne auch mit dem Militär in den Irak zu schicken. Dies führt ganz zum Schluss des Films zu einem interessanten Vergleich mit dem Klassiker der Science-Fiction-Literatur “1984”, der nicht ganz von der Hand zu weisen ist. In diesem Zusammenhang folgt dann auch die Szene der Marine-Rekrutierer, die sich aller manipulativen Mittel bedienen, um die zurückgehende Zahl der freiwilligen Eintritte in die Armee zu erhöhen, und dabei zielgerichtet die niederen, ungebildeten und damit chancenlose Teile der Gesellschaft ansprechen.

Ein weiteres zentrales Element ist die Geschichte der Lila Lipscomb, einer einstigen republikanischen Anhängerin amerikanischer Kriegpolitik, die jedoch nach dem Verlust des Sohnes bei einem Irak-Einsatz ihre Meinung änderte. Diese Entwicklung ist wichtig für Moore, denn so will er viele Amerikaner bekehren damit sie sehen, was ihre Medien ihnen nicht zeigen. Dafür präsentiert er seine Akteurin ständig um den verlorenen Sohn weinend, mal im Kreis der Familie (einen Brief des Sohnes lesend, in dem dieser gegen die Republikaner wettert) und dann wieder mitten in Washington vor dem Weißen Haus (aber immer noch patriotisch die amerikanische Flagge jeden Morgen hissend).

Und da zeigt sich wieder die Klasse des Michael Moore. Was die Schnitte und Anordnungen der Szenen angeht, beherrscht er sein Fach einfach meisterlich. Dazu kommen die sehr geschickten Kommentare, von denen diesmal leider viel zu wenige seinen typischen Humor besitzen. Vielmehr lässt er viele Bilder für sich selber sprechen, z.B. wenn Bush, nachdem er von den Anschlägen auf das World Trade Center gehört hat, erst 7 Minuten wartet und weiter dem Unterricht von Erstklässlern folgt, bis er reagiert; oder wenn amerikanische Irak-Soldaten berichten, wie sie sich von Musik bei den Kampfhandlungen beeinflussen lassen. Dies ist alles sehr wirkungsvoll; mich hat jedoch die mäßige Qualität der meisten Quellen gestört - ich gehe doch nicht ins Kino, um mir die schlechten amerikanischen Fernsehbilder 90 Minuten lang auf Leinwand-Größe anzusehen.

Fazit: Ein Wahl-Propaganda-Film der besonderen Sorte serviert Michael Moore dem Kinobesucher diesen Sommer. Stark populistisch und manipulativ lässt er in seinem Kreuzzug quer durch die Ereignisse der letzten 4 Jahre kein gutes Haar an der US-Adminstration. Leider ist der Film jedoch auf ein amerikanisches Publikum zugeschnitten und lässt einige wichtige Informationen aus, um sein Ziel zu erreichen - deshalb ist für mich der Preisträger der Goldenen Palme von Cannes auch nur Mittelmaß.