Mord im Pfarrhaus

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Published

21.03.2006 20:50

UK (2005) Regie: Niall Johnson Darsteller: Kristin Scott Thomas (Gloria Goodfellow), Maggie Smith (Grace Hawkins), Rowan Atkinson (Walter Goodfellow), Patrick Swayze (Lance), Tamsin Egerton (Holly Goodfellow), Toby Parkes (Petey Goodfellow), Liz Smith (Mrs. Parker), James Booth (Mr. Brown), Emilia Fox (Rosie Jones), uvm Offizielle Homepage

Dank des FRIZZes durfte ich gestern die englische Komödie “Mord im Pfarrhaus” schon vor dem offiziellen Starttermin am 06.April im Kino sehen. Der deutsche Titel assoziiert dabei Gemeinsamkeiten mit englischen Krimis, während das Original “Keeping Mum” mit der Frage spielt, welche Mutter nun gemeint ist und ob diese behalten oder aufgehalten werden soll - alles Interpretationen, die der Film erlaubt.

Die Geschichte spielt in einem englischen Kaff auf dem Lande, wo der Vikar Walter Goodfellow weder seine Gemeinde noch seine Familie unter Kontrolle hat, geschweige denn sich selber. Seine Frau Gloria ist dementsprechend desillusioniert und vertreibt sich die Zeit mit dem amerikanischen Golf-Lehrer Lance, welcher ihr ein aufregendes Leben in Mexiko verspricht. Die vernachlässigten Kinder flüchten sich in eine Beziehung nach der anderen (Tochter Holly) oder sind der totale Außenseiter in der Schule (Sohn Petey).

Doch dann beschließen Walter und Gloria, eine Haushälterin einzustellen. Die alte, aber resolute Grace räumt gnadenlos auf und mit einem Mal verschwinden die Probleme der Familienmitglieder. Doch mit den Problemen sind plötzlich auch deren Verursacher wie vom Erdboden verschluckt, und bald fällt ein grausiger Verdacht auf die Haushälterin.

An dieser Stelle sollte jedem Zuschauer klar sein, wie der Hase läuft. Der Film ist also mitnichten ein Krimi, sondern spielt gekonnt mit dem Klischee der über Leichen gehenden Haushälterin. Diese wird herzallerliebst verkörpert von Maggie Smith - dem Zuschauer fällt es wirklich schwer, eine Mörderin in ihr zu sehen, wenn sie beteuert, dass sie “keine andere Wahl hatte”. Die eigentliche Hauptrolle des Films ist aber mitnichten der auf der Besetzungsliste ganz oben stehende Mr. Bean, sondern die nicht gerade aus Komödien bekannte Kristin Scott Thomas. Rowan Atkinson hat dagegen eine eher ernsthafte Rolle und bleibt bis auf ein paar komische Mimiken blass. Da spielt ihn sogar Patrick Swayze an die Wand, der den gealterten Golf-Lehrer inklusive Kaugummi, Lederhaut und Goldkettchen mit sichtlichem Genuss interpretiert und sich nicht zu schade dafür ist, in einem roten Tanga vor die Kamera zu treten.

Die Figur der Gloria bietet aber den meisten schauspielerischen Spielraum, und Kristin Scott Thomas zeigt die Frau im mittleren Alter von all ihren Seiten. Als Mutter versagt, sexuell unbefriedigt und mit einer mehr schlechten als rechten Affaire versucht sie trotzdem, nach außen hin die Fassade der perfekten Familie aufrecht zu erhalten. Doch mit der neuen Haushälterin wird alles erst einmal schwieriger als gedacht, denn diese mischt sich in alle Angelegenheiten der Familie ein und Gloria ist sich nicht sicher, ob dies eine positive Entwicklung ist.

So lässt sich der Film rund eine Stunde lang Zeit, um die Charaktere in aller Ausführlichkeit vorzustellen. Erst danach kommen Schwung und schwarzer Humor in die Geschichte und die Leichen purzeln nur so in den Gartenteich. Das Ende ist dann leider schnell erreicht, doch mehr Leichen hätte das Dorf auch nicht vertragen.

Etwas angewidert hat mich das Produktplacement einer asiatischen Automarke und eines Suchmaschinenbetreibers, doch ansonsten lebt der Film von der unverbrauchten Kulisse eines englischen Dorfes auf der Isle of Man. Die Dorfbewohner spielen Fußball, die Rentner debattieren in Ausschüssen über die Blumengestaltung und sogar der englische Regen ist stilecht zur Stelle, wenn der ungeliebte Nachbar der Haushälterin auf die Spur und selber in den Genuss einer Gartenteichbestattung kommt.

Fazit: Eine interessante Besetzung und der morbide Humor der letzten halben Stunde sind das Eintrittsgeld auf jeden Fall wert. Doch der Zuschauer sollte sich bewusst sein, dass der Film sehr ausrechenbar ist und eher gemächlich anfängt, um umso heftiger auszuklingen.