Brügge sehen … und sterben
UK/Belgien (2008) Regie: Martin McDonagh Darsteller: Colin Farrell (Ray), Brendan Gleeson (Ken), Ralph Fiennes (Harry Waters), Clémence Poésy (Chloë), Jordan Prentice (Jimmy), Eric Godon (Yuri) und viele Belgier Offizielle Homepage
Ray hat beim Ausführen eines Auftragmordes neben dem Ziel auch einen kleinen Jungen erschossen, und wird nun von seinem Chef Harry zusammen mit seinem Partner Ken außer Landes geschickt - nach Brügge. Dort soll er noch ein paar schöne Tage erleben, bevor Ken ihn um die Ecke bringt. Doch das vorweihnachtliche Brügge langweilt den Großstadtmenschen Ray, bis er bei Filmdreharbeiten die hübsche Chloë und den Kleinwüchsigen Jimmy kennenlernt. Der depressive, nach der Fehltat in Selbstzweifeln und Suizidgedanken schwelgenden Ray wandelt sich so, dass Ken es nicht übers Herz bringt, ihn zu töten. Da reist Harry persönlich an, um seinen Auftrag zum Abschluss zu bringen…
Der Film mit dem ungewöhnlichen Titel scheint auf den ersten Blick eine typisch englische, schwarzhumorige Gangstergeschichte im Stile von Snatch zu sein. Es gibt viele Schimpfwörter, fast alle Charaktere laufen sich mehr als einmal über den Weg und haben Einfluss auf den Ausgang des Films, und nur wenige überleben das Finale. Was Brügge auszeichnet und von der Masse abhebt ist der Stil der mittelalterlichen Stadt und die ruhige, fast langsame Erzählweise der Geschichte, die sehr viel Wert auf eine Fortentwicklung in Dialogen setzt.
Die zeitweise aberwitzigen Gespräche zwischen Ray und Ken oder Jimmy mit ihren vielen Details sind das Highlight im Mittelteil des Films. Im ersten Drittel werden dagegen alle Charaktere und Schauplätze in aller Ausführlichkeit eingeführt, inklusive dem surrealen an Hieronymus Bosch erinnernden Filmset. Zu allen Orten wird der Film im letzten Drittel zurückkehren, und selbst Nebenfiguren wie die fetten Amerikaner, der schnöselige Kanadier oder der belgische Turmwärter bekommen noch ihre passenden Auftritte oder haben Einfluss auf die Ereignisse.
Dies macht den Film insgesamt rund, jedes Detail scheint seinen Sinn zu haben und die Parallelität des auslösenden Elementes mit dem Ende des Films trägt eine starke Spur von Schicksal in sich. Der Vergleich Brügges mit der Hölle kommt gerade durch das surreale Setting extrem gut zur Geltung und das offene Ende lässt diese Interpretation möglich erscheinen.
Fazit: Brügge ist ein Film, der die Geister spaltet, aber mich genau deswegen fasziniert hat. Er nimmt sich Zeit, seine Geschichte bedächtig zu erzählen und legt viel Wert darauf, die Charaktere und seinen Handlungsort, Brügge, vorzustellen. Auf der anderen Seite ist er eine typische Gangsterkomödie mit schwarzem Humor und einer auf Umwegen dem finalen Höhepunkt entgegenstrebenden Handlung. Mich hat die Mischung überzeugt, auch wenn Colin Farrell erneut bewiesen hat, dass er kein sehr variantenreicher Schauspieler ist.