Die Subprime-Krise und ihre Folgen
von Rainer Sommer, erschienen beim Heise Zeitschriften Verlag, ISBN 978-3-936931-62-4, 19,00€
Da ich beruflich von der aktuellen Finanzkrise direkt betroffen bin, dachte ich mir dass es nicht schaden könnte, einen etwas tieferen Einblick in die Materie zu bekommen. Wenn ich schon keinen Einfluss darauf habe, dann möchte ich zumindest die Ursachen verstehen. Da kam es wie gerufen, dass auf Telepolis - einer Informationsquelle, die ich gerne nutze - ein Buch beworben wurde, das sich genau diesem Thema widmet.
Sommers Werk hat sich dabei zum Ziel gesetzt, die Krise als Gesamtes zu analysieren. Dazu werden zuerst alle Parteien und ihre Rollen im großen Spiel des Geldmarktes aufgezählt und die verschachtelten Finanzprodukte erläutert, deren schwer verständliche Komplexität schließlich dazu führte, dass so gut wie niemand unter den Marktteilnehmern mehr die Risiken einzuschätzen wusste. Dass am Ende gerade die Unvereinbarkeit der mathematischen Modelle mit der Realität zur großen Krise führte - nämlich dass für die Ausfallquote der Subprimekredite nicht die Normalverteilung gilt, wenn es äußere Einflüsse auf den Markt gibt wie den Einbruch der Immobilienpreise und die Steigerung der Zinsen - ist eine der witzigen Anekdoten entlang der chronologischen Nacherzählung des Verlaufs der Subprime-Krise.
Doch diese anekdotenhafte Erzählweise ist eines der Probleme des Buches. Die dadurch geschaffenen Schwerpunkte wie zum Beispiel die Zusammenbrüche der Investment-Banken Bear Stearns und Lehman Brothers führen zu Zeitsprüngen und damit zum Bruch in der Chronologie. Zudem hätten an einigen Stellen die beschriebenen Charts als Abbildung zum Verständnis beigetragen, während von den vorhandenen Grafiken einige den direkten Bezug zum Text vermissen lassen.
Ganz schwach gestalten sich Ausdruck und Rechtschreibung. Sicherlich ein Dutzend Fehler haben sich in die zweite Auflage eingeschlichen, und das Lesen des Buches gestaltet sich durch mäßigen Satzbau und vieldeutige Formulierung sehr holprig. Viele Inhalte wiederholen sich, während ich mir bei einigen Begriffen zumindest bei der ersten Erwähnung eine Erläuterung gewünscht hättes; das Glossar ist aber recht umfangreich. Insgesamt hatte ich das Gefühl, eine Universitäts-Abschlussarbeit vor mit liegen zu haben. Das mag für Kolumnen bei Telepolis ausreichend sein, von Sachbüchern bin ich aber eine ganz andere Qualität gewohnt.
Gut ist hingegen die Aktualität des Buches. Ein genaues Datum fehlt zwar, aber die neuesten Kapitel erwecken den Eindruck, im November 2008 entstanden zu sein. Dadurch kann ich natürlich keine Einschätzung des letzten Buchteiles abgeben, der sich mit den Auswirkungen auf die Zukunft des Finanzsystems beschäftigt. An dieser Stelle fällt aber auf, dass auch aufgrund des Hintergrundes des Autoren eine zwar gegenüber den Marktteilnehmern kritische, aber trotzdem eingeschränkte Perspektive eingenommen wird. Über den Tellerrand wird nur bei den direkten Ursachen geschaut, ansonsten wird das globale Finanzsystem jedoch nicht in Frage gestellt.
Fazit: Wer etwas Vorwissen mitbringt, wird mit diesem Buch einen tieferen Einblick in die Ursachen und den Verlauf der aktuellen Finanzkrise gewinnen. Doch wo der Autor mit Fachwissen überzeugen kann, merkt man ihm auch die fehlende Erfahrung auf dem Gebiet des Buchschreibens deutlich an. Dies ist vermutlich der Preis den man für ein so aktuelles Buch bezahlen muss.