Die Bücherdiebin
von Markus Zusak, erschienen bei Blanvalet, ISBN 978-3-7645-0284-3, 19,95€
Ganz zum Schluss dieses Buches lässt Markus Zusak seinen Erzähler, den Tod, folgenden Satz sagen:
[…] wie ein und dieselbe Sache so hässlich und gleichzeitig so herrlich sein kann und ihre Worte und Geschichten so vernichtend und brilliant.
Und mit diesem Satz beschreibt er wiederum sein Buch sehr treffend. Ich habe lange nicht mehr so etwas schönes gelesen. Alles, was auf den fast 600 Seiten vorkommt, seien es Menschen, Gegenstände, Emotionen oder Gedanken, wird von Zusak verdinglicht und ermöglicht ihm somit, es in den buntesten Farben auszumalen und zu beschreiben. Da stolpern Wolken, glänzt die Furcht, flieht Gewicht, schmecken Räume und hat das Flüstern einen Namen. Die einfachen, aber so wunderschön beschreibenden Sätze machen das Lesen zu einem Erlebnis, ähnlich positiv wie es Amélie als Film getan hat.
Man könnte vor lauter schönen Bildern fast den Inhalt des Buches vergessen. Wie es den zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus aus der Perspektive eines Münchener Vorortes beschreibt. Der Leser erlebt zusammen mit der Hauptakteurin - einem kleinen Mädchen namens Liesel - Bücherverbrennungen, Judenverfolgung, Konzentrationslager, Bombenangriffe, Stalingradüberlebende und vor allem viel Tod. Da ist dieses personalisierte Ende jedes Menschen als Erzähler geradezu prädestiniert, denn niemand begegnet Liesel öfter. Schon zu Beginn der Geschichte, auf dem Weg zu ihren neuen Pflegeeltern, muss sie den Tod ihres jüngeren Bruders und den Verlust ihrer Mutter, einer Kommunistin, ertragen. Doch in diesem Buch ist jedes Ende auch ein Neuanfang, in diesem Fall von Liesels Karriere als titelgebende Bücherdiebin.
Auf dem Friedhof, neben dem Grab des Bruders, findet sie nämlich ein Buch, und dieses wird ihr Leben entscheidend beeinflussen. Erst wird es ihr helfen, das Lesen zu lernen, und danach den Reiz nach weiteren Büchern wecken. Sie wird die Macht der Worte erkennen, sowohl der Propagandamaschine der Nazis als auch ihrer eigenen. Und diesen Prozess, diese Liebe zu Büchern, inklusive des schwierigen Aufwachsens in Kriegszeiten beschreibt das Buch so vortrefflich. Neben Liesel gibt es eine große Menge an Nebencharakteren mit vielen persönlichen Dramen, die auch abseits der Erzählungen des abschweifenden Erzählers (Tod berichtet wiederkehrend von seiner Arbeit) viele Aspekte des Krieges und damit seines Schreckens und vor allem die Irrationalität des Nationalsozialismus aufzeigen.
Fazit: Die Bücherdiebin ist ein unglaublich schön und bilderreich geschriebenes Buch über das Aufwachsen eines jungen Mädchens in Zeiten des Krieges. Fantasievoll (der Tod ist der Erzähler) und doch keinen realen Schrecken verbergend, voller positiver Emotionen trotz des düsteren Hintergrundes und zudem eine Liebeserklärung an das Lesen. Eine klare Empfehlung!