Mirror’s Edge

gespielt
Published

16.08.2009 00:21

Nachdem mich die Demo schon vor einiger Zeit begeisterte, hatte ich jetzt die Gelegenheit, das Spiel sowohl selbst (durch) zu spielen als auch es auf mich wirken zu lassen. Als Ergebnis möchte ich nun ein paar Worte darüber verlieren.

Mirror’s Edge ist eine überraschend gute Umsetzung des Parcours-Sports in Form eines Geschicklichkeits-Jump’n’Runs, eine Mischung aus den frühen Tomb-Raider-Spielen und Schleich-Shootern wie Thief - nur in teilweise rasanter Geschwindigkeit. Von den Shootern hat es sich die Ego-Perspektive (inklusive Sichtbarkeit von Händen und Füßen) und die Wahl zwischen gewaltlosen und den Kampf nicht scheuenden Lösungen der Missionen geliehen, der Schwerpunkt liegt aber ganz klar auf den Klettereinlagen. Diese ermöglichen dem Spieler die Fortbewegung auf den Dächern und innerhalb der Wolkenkratzer einer anonymen Großstadt; Mirror’s Edge spielt sich komplett in luftiger Höhe ab.

Neben diesem unverbrauchten Spielprinzip geht Entwickler Dice aus Schweden auch bei der Optik eigene Wege. So wird komplett auf Einblendungen des Spielerstatus verzichtet. Verliert Heldin Faith Lebensenergie, dann verschwindet die Farbe aus dem Bild; hebt sie eine Waffe auf dann gibt es keine Information darüber, wieviel Munition noch übrig ist. Zudem kann sich Faith nur noch eingeschränkt bewegen, so dass ein dauerhaftes Mitnehmen einmal gefundener Waffen unterbunden wird. Dies verstärkt den Gesamteindruck, dass ein möglichst realistisches Gameplay angestrebt wurde.

In der Darstellung der Levels dominieren helle, blaue Farbtöne. Die Dächer des fiktiven Polizeistaates werden so als sauber und positiv dargestellt, was die Gegner in Form von Sicherheitskräften, Polizisten und Antiterroreinheiten in ihren meist schwarzen Uniformen gut abhebt, sowohl optisch als auch kontextuell. Sie stehen somit außerhalb der sauberen Welt, außerhalb der Gesellschaft, sind auffallende Irritationen und damit Symbol für einen Staat, in dem nicht jeder die gleichen Rechte hat.

Ebenfalls gut ersichtlich aufgrund des Kontrastes sind die Markierungen in der Signalfarbe Rot, mit denen dem Spieler Hinweise auf den richtigen Weg durch das Level gegeben werden. Dieses Farbschema wird bis hin zu kleinen Details durchgehalten; so muss man kurz vor dem Finale vier Zentralrechner zerstören, die auf ihrem weißen Gehäusen schwarze Streifen mit roten Statusleuchten besitzen - letztere verschwinden, sobald der Computer außer Gefecht gesetzt wurde.

Die große Stärke des Spiels ist also diese Konvergenz von Inhalt und Gestaltung. Vordergründig schafft der überwachende Polizeistaat eine saubere, sichere Stadt für alle. Doch in dieser Idylle sind nicht nur seine Organe störende Fremdkörper, auch die Sicherheit ist nur eine Illusion. Sobald man sich nicht auf die Beschränkung der Freiheiten einlässt, gibt es nur noch wenige (rot markierte) Wege durch die schöne, blendende Welt.

Ganz nebenbei macht Mirror’s Edge auch noch Spaß, trotz des nah der Frustgrenze verlaufenden Schwierigkeitsgrades und der nicht optimalen Steuerung. Hat man die nur zehn Level schließlich geschafft, kann man sich noch in Time-Trials auf aus den Leveln entnommenen Parcours versuchen. Da das Spiel momentan nur noch 20€ kostet, kann man ruhigen Gewissens zugreifen.