Dragon Age: Origins - Das Tagebuch, Teil 1
Vor zwei Jahren brachte The Witcher frischen Wind in das SinglePlayer-RPG-Genre. Denn erstmals hatten die Entscheidungen des Spielers direkte Auswirkungen auf das weitere Spielgeschehen. Bis dahin waren Reputationssysteme und Verzweigungen in der Handlung das höchste der Gefühle, doch in The Witcher hatten viele nebenbei mit mangelndem Wissen getroffene Entscheidungen Auswirkungen, die später bestimmte Questwege versperrten oder gar -lösungen unmöglich oder schwerer machten. Dies war sehr reizvoll, da es einen gewissen realistischen Faktor der Unsicherheit ins Spiel brachte.
Das neueste Fantasy-Werk von Bioware (Knights of the Old Republic, Jade Empire) will dieses Spielelement nun zum System machen. Jede Entscheidung des eigenen Charakters wird von allen Partymitgliedern bewertet und verändert die Spielewelt, wenn auch die umgebende Haupthandlung nur schwach beeinflusst wird. Neben dem eigenen Handeln ist auch die Herkunft der gewählten Figur ein wichtiger Faktor; zu Beginn muss der Spieler neben Geschlecht und Rasse auch eine der titelgebenden Origins aussuchen und fortan mit den daraus sich ergebenden Implikationen leben, die nur selten vorhersehbar sind.
Doch mit dieser Spielgrundlage beginnen auch die Probleme von DAO, denn das Spiel verzeiht einfach keine Fehler und seien sie noch so klein: Wähle ich in Gesprächen eine Dialogoption nicht sofort aus, passiert es sehr häufig, dass sie nicht wieder erscheint, obwohl sie im Kontext sinnvoll wäre und durch keine vorangegangene Auswahl versperrt wurde. Dies kann so weit gehen, dass unbeabsichtigt das aktuell bereiste Gebiet verlassen wird, ohne dass die Möglichkeit besteht, jemals wieder zurückzukehren und die offenen Quests zu lösen.
Werde ich in einen Kampf mit zu starken Gegnern verwickelt, habe ich keine Möglichkeit, die Flucht zu ergreifen - die Gegner folgen mir innerhalb der engen Grenzen des aktuellen Gebiets, welches ich während eines Kampfes nicht verlassen kann. In Drakensang konnte ich jederzeit fliehen und den Kampf mit erfrischten Gegner neu beginnen, in Dragon Age bin ich sofort tot. Aus meiner Sicht hat es Bioware also übertrieben mit dieser Herangehensweise. Sie mag zwar realistisch sein, aber das Spielvergnügen wird dadurch mehr getrübt als erhöht und die Freiheit innerhalb des Spiels ironischerweise eingeschränkt.
Etwas verwundert hat mich auch das actionreiche Spielprinzip. Zum Einen ist die Geschwindigkeit der Kämpfe deutlich höher, als ich das zum Beispiel von Knights of the Old Republic gewohnt war. Zudem kann ich keine Angriffsaktionen stapeln, sondern nur direkt auswählen. Auf der PS3 bedeutet dies, dass ich in das Kreismenü gehe (dass ähnlich wie am PC das Kampfgeschehen pausiert) und mit der Festlegung auf eine Aktion diese sofort ausgeführt wird. Mir ist es nicht möglich, im Pausenmodus allen Partymitgliedern neue Befehle zu geben, wodurch ein Kampf entweder zum ständigen Wechseln ins Kreismenü führt oder ich mich auf einen Charakter konzentriere und auf eine gut funktionierende, voreingestellte Taktik verlasse. So wenige und schwache Eingriffsmöglichkeiten sind für einen Kontrollfreak wie mich sehr ungewohnt.
Da der eingeschränkte Blickwinkel der Konsolenversion (nur Third-Person-Perspektive) zu viel Verwirrung in den Kämpfen führt (gegen welchen Feind kämpfe ich, wer fällt mir gerade mit Schadensbonus in den Rücken, was machen die anderen Partymitglieder?), ist der Schwierigkeitsgrad deutlich höher als am PC. Ansonsten ist die Grafik ganz vernünftig, nur die Steuerung in den Menüs hinkt einer Bedienung mit der Maus deutlich hinterher.
Beim Kauf liegen dem Spiel zwei Gutscheine für DLC bei. Von dem Geschäftsmodell, bereits zum Release kostenpflichtige Addons anzubieten, kann man halten was man will, aber um die Gutscheine einzulösen muss man neben dem PSN-Account (Sony hat vor kurzem mal wieder die Bedingungen geändert, ohne deutschem Recht zu entsprechen) auch ein Konto bei EA haben. Dort gibt man zwar keine persönlichen Daten an, allerdings erfolgt der Zugriff über das PSN, welches einiges über mich weiß…
60 Stunden Spielzeit allein für die Hauptquest (angeblich, ich bin noch lange nicht so weit) stehen also einer halbgaren Konsolenumsetzung und einer nicht ganz gelungenen Spielmechanik gegenüber. Ich bin mir noch nicht sicher, ob mir das Spiel nun gefällt oder nicht, werde aber auf jeden Fall noch ein paar Stunden investieren und weiter davon berichten.