Kanikōsen
Kanikōsen ist ursprünglich ein Roman der japanischen proletarischen Literatur von 1929. Auf dem titelgebenden Krabbenschiff, einer schwimmenden Konservenfabrik, arbeiten junge Männer unter unmenschlichen Bedingungen im Auftrag des Kaiserreichs, das sich in einem Wettbewerb mit den Russen sieht und diesen durch Ausbeutung des eigenen Volkes gewinnen will. Nicht alle an Bord des Schiffes halten dem andauernden Druck stand; einige werden verrückt und andere proben den Selbstmord. Doch nachdem zwei der Arbeiter auf dem Meer verloren gehen und von freundlichen Russen gerettet werden, ändert sich die Stimmung und es kommt zur Revolte gegen die Unterdrücker.
Verfilmt wurde dieses Buch bereits in den 1950er Jahren, doch spätestens seit der Manga-Neuauflage von 2006 und den wirtschaftlichen Problemen Japans ist das Interesse an der Thematik neu erwacht. Da ist ein Remake im Kino nur logisch, aber die Interpretation von Regisseur Sabu sieht sich weniger als kommunistisches Manifest. Die Handlung um das Erkennen der eigenen Stärke in der Arbeiterklasse bildet nur den Rahmen; der Film stellt vielmehr episodenhaft einzelne Szenen heraus wie einen slapstickhaften, verunglückten Massenselbstmordversuch oder ein Fest auf dem russischen Schiff, bei dem ein paar Arbeiter staunend daneben stehen. Dabei sieht man selten mehr als den aus Schlafröhren bestehenden Aufenthaltsraum der Arbeiter oder die an eine dampfende Hölle, aber auch an Metropolis mit ihren menschenverachtenden Maschinen erinnernde Fabrikhalle. Seltsam zeitlos wirkt dies, der Film könnte genauso gut 1920 wie 2000 spielen.
Der Regisseur hat nach der Aufführung noch Rede und Antwort gestanden und die Figuren als Mittelpunkt seines Filmes herausgestellt. Mir blieben deren Aktionen bzw das weitgehende Fehlen derselben aber unverständlich. Das Herausstellen einzelner Szenen und die oft handlungsferne Symbolik lässt die Charaktere plakativ wirken, Entwicklungen kommen immer sprunghaft und nicht ausreichend motiviert - so hinterließ der Film einen zwiespältigen Eindruck. Dies liegt vielleicht daran, dass der Regisseur seinen Film als postmodernes Kunstwerk präsentiert. Er spielt mit Verweisen auf das Buch, die erste Verfilmung und den Comic, aber auch auf Bilder der Filmgeschichte und zieht eine zeitgemäße Ästhetik klassischen Handlungsmustern vor. Dies funktioniert im asiatischen Kulturraum mit seiner Vorgeschichte des Buches wohl recht gut, doch da dieses Wissen hier im Westen fehlt fällt das Verständnis ungleich schwerer. Mir hat die Recherche nach einem Rezeptionsansatz jedenfalls mehr gebracht als der Film selber.