David wants to fly

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Published

08.03.2010 22:27

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Diese Dokumentation war mein persönliches Berlinale-Highlight. Der Regisseur David Sieveking erzählt darin auf selbstironische Weise von seinen Erfahrungen mit der Yoga-Sekte Transzendentale Meditation, kurz TM. TM wurde von Maharishi Mahesh Yogi gegründete, der als Meditationslehrer der Beatles Berühmtheit erlangte, und hat sich zum Ziel gesetzt, Frieden und Glück auf der Welt zu verbreiten. Aktuell wird TM von David Lynch unterstützt und da dieser das große Vorbild von David Sieveking ist beschloss der Regisseur, TM einmal auszuprobieren.

Über Vorträge von Lynch, einem Besuch der amerikanischen TM-Universität und Filmaufnahmen von der Beisetzung des Yogi in Indien erwarb David Sieveking das Vertrauen von TM und durfte u.a. die Weltzentrale der Organisation in Holland besuchen und filmen. Gleichzeitig nahm er an den kostenpflichtigen TM-Kursen zum Erlernen der TM-Techniken teil.

Doch je mehr sich Sieveking mit TM auseinandersetzt, um so mehr Ungereimtheiten zwischen den Zielen von TM und ihrer Organisation fallen ihm auf. Es sind große Geldmengen im Spiel, die TM mit dem Lehren der Meditationstechnik umsetzt, um u.a. eine Gruppe von sogenannten Yogischen Fliegern aufzubauen, die den Weltfrieden herbei meditieren sollen. Doch die Positionen innerhalb der TM-Weltregierung kann man sich erkaufen, und von den TM-Projekten zum Aufbau von großen Meditationszentren sind die meisten gescheitert. Der traurige Höhepunkt ist sicherlich der Auftritt des TM-Königs von Deutschland, einem beleibten Mann mit einer Stretchlimousine, der im Namen der Organisation eine Unbesiegbarkeits-Universität auf dem Teufelsberg in Berlin errichten wollte und auf den Vergleich mit den Zielen Adolf Hitlers angesprochen (ein unbesiegbares Deutschland) erwidert, dass dieser nur gescheitert ist, weil er die falschen Mittel gewählt hat. Nach der Grundsteinlegung hat man jedoch nichts mehr von dieser Idee gehört und TM hat auch nie das Geld für das Grundstück bezahlt.

David Sieveking geht immer mehr Gerüchten über TM nach, spricht mit einer Frau, die vom Yogi sexuell belästigt wurde, mit ehemaligen Mitgliedern und Geldgebern von TM und reist schließlich sogar nach Indien, wo der Yogi einst die TM-Technik erlernt haben soll und angeblich von seinem Meister beauftragt wurde, diese über die Welt zu verbreiten. Doch viel Wahres ist nicht an der Geschichte, muss er herausfinden - und David Lynch, anfangs noch Förderer von Film und Regisseur, verweigert inzwischen jedes Interview und droht sogar damit, die Dokumentation gerichtlich verbieten zu lassen.

An dieser Stelle hat der Film fast etwas von einem investigativen Politmagazin. Doch den Unterschied zu solchen Sendungen macht der Regisseur aus, der nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera agiert und dabei viel aus seinem Privatleben preisgibt und einfließen lässt. Vier Jahre lang hat er an dem Projekt gearbeitet, von den Anfängen als Filmschulabsolvent mit der Neugierde auf Yoga, aber keinem Geld, bis hin zum Finden seinen eigenes Weges der Meditation und der besseren Finanzierung durch verschiedene Filmförderungen. Gerade die persönlichen Szenen, in denen er seine Erfahrungen reflektiert oder mit der Freundin diskutiert, und der selbstironische Tonfall geben dem Film eine überzeugende Erdung. Mir hat diese Mischung ausgesprochen gut gefallen und deshalb kann ich David wants to fly nur weiterempfehlen.

David Sieveking