Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht: Erzählungen

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18.10.2020 19:24

von Andrea Petkovic, erschienen bei Kiepenheuer&Witsch, ISBN 978-3462054057, 20€

Endlich hat es wieder jemand geschafft, interessant über Tennis zu schreiben - das ist seit David Foster Wallace nicht mehr passiert. Die meisten aktuellen Texte über diesen Sport verirren sich zwischen der stumpfen Wiedergabe von Statistiken und einer Heldenverehrung bzw -verachtung. Andrea Petkovic hat als Tennisspielerin einen sehr viel direkteren, autobiografischen Zugang zu ihrem Beruf, und gleichzeitig ein gutes Grundgerüst für das Schreiben, da Bücher sie ihre ganze Karriere über begleitet haben und sie ihrem Drang, sich auszudrücken, bereits in Reportagen und Kolumnen nachgekommen ist.

Ihr erstes Buch ist deshalb auch eine Sammlung von einzelnen “Erzählungen”, wobei der autobiografische Anteil überwiegt und es kaum fiktive Elemente gibt (so weit ich das beurteilen kann). Petkovics Sprache ist dabei immer wieder für spannende Bilder gut und der oft ironische Unterton mit popkulturellen Einschüben hat mir sehr gefallen. Inhaltlich wird sie immer dann am Besten, wenn sie über die Wechselwirkungen zwischen ihrem Sport und den Sportlern (meist sich selbst) erzählt. Dieselbe Intensität fehlt mir leider in einigen der eher Privatthemen betreffenden Kapitel - Petkovic schafft es selten, die Faszination für ihren bunten Strauß an Freunden und Bekanntschaften auf mich als Leser zu übertragen. Zu wenig Platz haben die Charaktere zur Entfaltung, zu wenig wird mir klar, welchen Platz sie in Andreas Leben und vor allem warum sie ihn haben. Am Beispiel des letzten Kapitels über Neue York: Ich kann die Faszination für die Stadt aus eigener Erfahrung bestätigen, aber die treffende Charakterisierung folgt für mich nicht aus den beispielhaften Anekdoten - das ist einfach zu oberflächlich.

Alles in allem aber ein spannendes Autorendebut und ich freue mich darauf, mehr von Andrea Petkovic zu lesen.