Der Räuber Hotzenplotz

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11.12.2022 21:48

Ich hätte ja nie gedacht, dass ich meinem Kind einmal Bücher eines bayrischen Autoren vorlesen würde. Doch über Die kleine Hexe und Das kleine Gespenst als Einstiegsdroge sind wir schließlich beim Räuber Hotzenplotz gelandet, dessen drei Bände in Form von Schelmengeschichten vergnüglich Themen aus dem Kasperltheater, Märchen und Sagen und bayrischem Lokalkolorit zu einer sehr unterhaltsamen Mischung verbinden.

Und nach dem Büchern folgten die sehr gelungenen Hörspiele, Theaterversionen und die inzwischen schon zweite Neuinterpretation für das Kino. Der 2006er Film lebt von seinem Schauspieler-Ensemble: Armin Rohde changiert gekonnt als Hotzenplotz, aber auch Christiane Hörbiger als Großmutter und Katharina Thalbach als Frau Schlotterbeck verstecken sich nicht hinter ihren Rollen. Am meisten überrascht hat mich aber Piet Klocke, der den Wachtmeister Dimpfelmoser auf seine typische Art interpretiert und damit den Film wohltuend von der Werkstreue abhebt.

Die aktuelle Verfilmung wählt genau den anderen Ansatz: Von den Kostümen über die meisten Dialoge wird versucht, so nah wie möglich am Buch und den Original-Illustrationen von Franz Josef Tripp zu bleiben. Die Maske des Räubers mit Gebiss und Bart lässt Darsteller Nicholas Ofczarek komplett dahinter verschwinden, doch nicht bei allen Rollen klappt dies. Bei Christiane Paul als Frau Schlotterbeck stimmt zwar die Chemie mit Olli Dittrich, aber ansonsten nicht viel. Und ihr Wasti hat zwar den Körper eines Dackels, was einen gewissen Charme hat, aber der T-Rex-Kopf und die sichtbar billige Umsetzung passen so gar nicht zu der ansonsten überzeugenden Ausstattung.

Und über Olli Dittrich als Dimpfelmoser kann ich leider nichts positives schreiben: In keiner Szene kann er die Aura eines autoritären Bürokraten ausstrahlen. Den Versager ja, aber den Kleinstadtpolizisten nehme ich ihm nicht ab. Da erfreue ich mich doch lieber an August Diehl als Petrosilius Zwackelmann, der trotz extremer Maske gleichzeitig erkennbar bleibt und für mich genau den Ton des Buches trifft.

Am Ende weiß der Film aber nicht viel Neues zur Werksgeschichte beizutragen. Wer die Hörspiele und die erste Verfilmung nicht kennt, kann sich mit seinen Kindern daran erfreuen, wie der Geist der ersten beiden Bücher die Leinwand erfüllt. Alle anderen müssen nicht ins Kino gehen, weil es nichts Neues und erst Recht nichts Aufregendes zu entdecken gibt.