Baldur’s Gate 3 - Ein Zwischenfazit

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Published

03.10.2023 22:30

50 Stunden Spielzeit habe ich inzwischen in Baldur’s Gate 3 gesteckt. Ich stecke irgendwo in der Mitte des Spiels, bin schon unzählige Tode gestorben, bin vom Windows-Laptop auf das MacBook Pro gewechselt - Zeit also für ein Zwischenfazit, bevor der Artikel zu lang wird.

Das Erste, was mir an BG3 auffiel, war wie stark es vom darunterliegenden Regelwerk Dungeons & Dragons (in Version 5E) geprägt wird und wie stark dies auch dem Spieler gezeigt wird. Den zwanzigseitigen Würfel kannte ich bereits, aber kein Spiel hat mir vorher explizit die Würfe gezeigt; höchstens einmal das Ergebnis. Fast jeder Dialog und jede Entscheidung, ja sogar Wahrnehmungen wie das Entdecken von Fallen wird als Skillcheck durch den Würfel entschieden (vergleichbar vielleicht mit Disco Elysium), und diese Interaktionen in der Spielwelt nehmen viel mehr Raum im Spiel ein als die Kämpfe. Dafür können letztere umso länger dauern, da sie rundenbasiert ablaufen und viel Zeit in die Auswahl der bestmöglichen nächsten Aktion fließen kann.

Der D&D-Unterbau ist zugleich Fluch und Segen von BG3. Er bringt eine tolle, vielfältige Fantasy-Welt mit; überfordert den Spieler anfangs aber gleichzeitig mit einer (imho teilweise unnötigen) Komplexität. Nur ein paar Beispiele:

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, sich mit den Zusammenhängen auseinander zu setzen. Ich empfehle zur Lektüre:

Auf der positiven Seite heißt dies aber auch, dass es unglaublich viele Optionen gibt, in der Handlung voranzukommen. Viele Kämpfe können durch geschickte Dialoge und die richtigen Skills umgangen werden, und selbst in den Kämpfen gibt es neben Angriffen viele Optionen, mit der Umwelt zu interagieren oder diese zu den eigenen Gunsten zu manipulieren.

Die Handlung und ihre Spielwelt ist generell das Highlight von BG3. Nach und nach schälen sich aus einem anfänglichen Mysterium die handelnden Bösewichter heraus, deren Handeln sehr gut durch die Geschichte ihrer Umwelt motiviert ist. Die Party-Mitglieder passen dazu wie die Faust aufs Auge, und ihre Dialoge sind nicht nur gut geschrieben, sondern auch ausgezeichnet vertont. Die Rassen und Klassen von D&D sind dabei nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern tief in den NPCs verankert, und wenn ich als Spieler den eigenen Charakter oder durch Manipulation die Party-Mitglieder zu Verhalten außerhalb ihres Backgrounds zwinge, dann hat dies immer Konsequenzen, mit denen ich leben muss.

Einige Questgeber traf ich mehrmals im Spiel und konnte so direkt die Auswirkungen meiner vorherigen Entscheidungen sehen. Dabei sagt das Spiel gar nicht, ob etwas richtig oder falsch ist - viele Wege führen nach Rom. Vielmehr ist es wichtig, sich an den Rahmen von Rasse und Klasse zu halten, denn dies wird durch Inspirationspunkte belohnt, die erneute Würfelchecks nach gescheiterten Versuchen ermöglichen. Außerdem ist eine passende Party wichtig - wenn die Party-Mitglieder das eigene Verhalten missbilligen, kommt es früher oder später zu Konflikten oder sogar zum Split.

So spielt jedes Zahnrad geschmeidig in das andere und ruft mich aktuell regelmäßig zurück an den Bildschirm. Natürlich gibt es auch ein paar Kleinigkeiten, die das Spielvergnügen trüben - dazu mehr in einem späteren Post. Doch als Gesamtpaket wird BG3 den Vorschusslobeeren durchaus gerecht und ist das beste Rollenspiel seit langem - die vier Jahre Early Access (und mein Warten) haben sich definitiv gelohnt.