Challengers

gesehen
Published

05.09.2024 23:55

Ein Film, der in der Tenniswelt spielt? Da kann ich nicht vorbeigehen, das muss ich sehen. Und auch wenn der Sport in Challengers mehr Kulisse als Handlungsträger darstellt, ist der Tenniszirkus doch sehr akkurat abgebildet.

Als Zuschauer erhält man Einblick, wie die Topspieler mit Familie und Tross (Physio etc) von Hotel zu Hotel reisen, während es außerhalb der Top 100 schnell auf Anreise mit dem Auto und Nächte in schlechten Motels hinausläuft. Und sehr deutlich (Umkleidekabine/Dusche, Zuschauertribünen) wird auch die Kluft zwischen einem Grand Slam Turnier und der Challengerklasse gezeigt.

Luca Guadagnino weiß natürlich auch, wie er Körper in Szene setzen kann. Stärker noch als im TV wird die Physis des Sports gezeigt und was auf einem Tennisplatz so an Schweiß fließt. Das harmoniert erstaunlich gut mit dem elektronischen Soundtrack von Ross Atticus und Trent Raznor, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass dem Regisseur seine Bilder am Ende gelangweilt haben, weshalb er in der letzten Viertelstunde die verrücktesten Blickwinkel ausprobiert (von unterhalb des Tennisplatzes, dem Ball in seiner Rotation folgend), was mich als Zuschauer ganz schön irritiert hat.

Ebenso springt der Soundtrack manchmal aus der Rolle, z.B. mit einem Chorus von Benjamin Britten. Aber am meisten zu leiden hat der Film leider an seiner sehr holprigen Geschichte. Zugegeben wird dies sehr gut durch die guten Darsteller (wenngleich ich nicht allen ihre unterschiedlichen Alter abnehme) und die verschachtelte Erzählstruktur kaschiert.

Und am Anfang, wenn die beiden Tennisyoungster Patrick und Art auf den aufstrebenden Tennisstar Tashi treffen, funktioniert die Menage-a-trois auch. Doch dann folgt eine weitgehend nicht gezeigte Entwicklung der drei Charaktere, die schließlich zu einigen Psychospielchen und einem unmotivierten Ende führt.

Tashi ist ehrgeizig bis in die Zehen und ist dementsprechend bereit, sehr weit zu gehen um ihre Ziele zu erreichen. Durch die eigene Verletzung und die unvollendete Karriere ist ihr aktuelles Ziel vor allem, dass ihr Mann Art mit ihr in der Trainerbox zum erfolgreichsten Spieler wird. Dieser ist der klassische Arbeiter, der seine Familie hinter sich benötigt, um auf dem Tennisplatz zu funktionieren. Diese Zweckbeziehung scheint sich aber dem Ende zu neigen, denn Art fällt es immer schwerer, sich für die Ziele seiner Frau zu motivieren, während sie seine Selbstzweifel als Schwäche sieht. Patrick schließlich ist ein Spieler, ein Mann der spontanen Chancen, und genau wie Art verrückt nach Tashi, und auch Tashi kann sich für beide erwärmen.

Aus dieser klassischen Konstellation konstruiert Guadagnino einen in einem Tennismatch kulminierenden Konflikt, der in seiner Oberflächlichkeit eigentlich keinen ganzen Film gefüllt hätte. Aber durch die nicht-lineare Erzählweise bekomme ich als Zuschauer die Erklärung und die Hintergründe für das Verhalten der drei Charaktere immer erst im Nachhinein serviert. So wirken die Konfrontationen vielschichtiger, als sie in Wahrheit sind, und ich fühlte mich ein ums andere Mal vom Film hinters Licht geführt; vom abenteuerlichen Ende ganz zu schweigen. Schade, mit einem besseren Drehbuch hätte aus der spannenden Ausgangskonstellation ein wirklich toller Film werden können…