Prometheus

gesehen
Published

10.09.2012 00:15

USA (2012) Regie: Ridley Scott Darsteller: Noomi Rapace (Elizabeth Shaw), Michael Fassbender (David), Charlize Theron (Meredith Vickers), Guy Pearce (Peter Weyland), Idris Elba (Captain Janek), Logan Marshall-Green (Charlie Holloway), Sean Harris (Fifield), Rafe Spall (Milburn), Kate Dickie (Ford) und andere Konstruierte Offizielle Homepage

Ein Forscherteam hat an unterschiedlichen Stellen auf der Welt Aufzeichnungen verschieden alter Kulturen gefunden, die darauf hindeuten, dass Außerirdische - genannt die Konstrukteure - die Evolution des Menschen beeinflusst haben. Diese Konstrukteure haben auch das Bild einer Sternenkonstellation hinterlassen, und so wird im Jahr 2089 eine Expedition zum einzigen Himmelskörper der daraus identifizierten Sonnensysteme gestartet, auf dem Leben möglich ist. Dort entdecken die Forscher tatsächlich Hinweise auf die Konstrukteure, doch es scheint nicht der Heimatplanet der Außerirdischen zu sein und statt Antworten finden sie nur neue Fragen…

An der Science-Fiction hat mich schon immer der Entdeckergeist fasziniert, der vielen Werken des Genres innewohnt (und aktuell auch der Marsmission). In der unendlichen Weite des Universums auf unbegreifliche Dinge zu stoßen, diese zu analysieren und verstehen zu wollen, darin steckt echter Forscherdrang, den ich seit klein auf spannend finde. 1979 kam Ridley Scott jedoch auf die Idee, dieses hehre Bild zu verschmutzen und ließ die Besatzung eines Raumfrachters - allesamt Arbeiter statt aufgeschlossene Forscher - eine Entdeckung in den Tiefen des Alls machen, die schockierender nicht sein könnte.

Alien vermischte auf geniale Weise Horror mit Science-Fiction und war damit stilprägend. Das von H.R. Giger entworfene Design ließ die Arbeiter der hochtechnologisierten aber menschenverachtenden Zukunft auf ein organisches, auf verstörende Art und Weise sexuelles Wesen treffen, das für seine eigene Reproduktion andere Lebensformen tötet und dafür den perfekten Körper besitzt. Dem umgedrehten Rollenbild (das Alien entschlüpft der Brust eines Mannes) entsprach auch, dass am Ende mit Ellen Ripley eine Frau überlebt und dem Alien den Garaus macht.

Dreißig Jahre später ist Ridley Scott nun angetreten, einige der Fragen zu stellen, die in Alien und seinen Fortsetzungen nur am Rande tangiert wurden: Wer war diese Rasse von Außerirdischen, die ein Raumschiff voller Eier einer gefährlichen Spezies durch das All transportierte? Und da solch eine Frage normalerweise Wissenschaftler stellen, ist die Ausgangssituation in Prometheus erst einmal grundlegend anders: Ein paar von Beruf aus intelligente Menschen in einem modernen, sauberen Forschungsschiff wollen den eigenen Ursprung ergründen. Das ist genau, was ich so mag, doch leider macht dieser Einstieg Versprechungen, die der Rest des Films nicht halten kann.

Denn Prometheus schafft es nicht, aus den Grenzen des Genre auszubrechen, das der erste Alien-Film begründete. Das fängt an bei den Charakteren: In einem Horrorfilm benehmen sich diese meist unverständlich, so dass es erst zu gefährlichen Situationen kommen kann. Das nehme ich Teenagern vielleicht noch ab, aber es ist unglaubwürdig, wie sich die Wissenschaftler in Prometheus verhalten . Es passieren so viele Dinge, die kommentarlos hingenommen werden, dass ich mich als Zuschauer verschaukelt fühlte. Allein die vielen Aktionen, die der Androide David startet, und die niemals von einem anderen Crewmitglied hinterfragt werden, lassen an der Intelligenz der Besatzung zweifeln. Und wenn Elizabeth sich in einer sehr intensiven Szene selbst ein Alien aus der Gebärmutter operiert, dann ist dies kein Thema, das fortan auch nur eines Satzes gewürdigt wird - Elizabeth macht einfach weiter wie vorher.

Wenn sie in knapper Unterwäsche durch das Raumschiff Prometheus jagt, dann ist das nur eine von vielen Referenzen auf den original Alien-Film, die sich Ridley Scott gönnt. Von der Startsequenz mit den aus den Kälteschlaf erwachenden Besatzungsmitgliedern, über einen Androiden an Bord (wie immer sehr wandlungsfähig: Michael Fassbender) bis zu den obligatorischen Flammenwerfern und der zuksessiven Dezimierung der Mannschaft werden viele bekannte Elemente variiert.

Prometheus will aber durchaus seine eigene Geschichte erzählen, wenn er die Außerirdischen als unsere Konstrukteure auftreten lässt, die ebenso die Macht besitzen, die Menschheit wieder zu vernichten. Leider hat er auf die zu Beginn gestellte Frage, warum die Konstrukteure das Leben auf der Erde geschaffen haben, gar keine Antwort parat. Vielleicht, um eine Fortsetzung zu ermöglichen, vielleicht, weil das Fragenstellen den Grundpfeiler der Handlung darstellt. Denn weitere Fragen ergeben sich automatisch aus den wenigen Informationsbrocken, die in den Dialogen fallen: Warum wollten die Konstrukteure vor 2000 Jahren die Menschen wieder vernichten? Haben wir den falschen Gott angebetet? Die Konstrukteure scheinen ja ihre eigene Kirche zu haben. Warum aber haben sie vorher jahrtausendelang Hinweise auf einen Stützpunkt mit Massenvernichtungswaffen auf der Erde hinterlassen?

Überzeugender als die unbeantworteten Fragen des Drehbuchs ist die optische Brillianz des Films. Von den Sets über das Innendesign passt einfach alles perfekt zusammen; die Effekte sind als solche nicht zu erkennen. Allein das grauenvolle Make-up von Guy Pearce wirkt irritierend - weiß in Hollywood denn niemand mehr, wie alte Menschen aussehen?

Den 3D-Aufschlag darf sich der Zuschauer gerne sparen. Nur wenige Bilder profitieren von der Räumlichkeit, doch zumindest hat Prometheus mit keinerlei Nachteilen der Technik zu kämpfen und ermüdet auch nicht die Augen über die zwei Stunden Laufzeit. Das erledigt dafür der Soundtrack, der mit seinen an StarTrek erinnernden sphärischen Klängen in einigen Szenen unangenehm weil unpassend auffällt.

Fazit: Prometheus ist zu Beginn ein spannender, an den Forscherdrang früher Werke der Science-Fiction erinnernder Film. Doch irgendwann wird klar, dass er nur das Schema des Ur-Alien mit ein paar neuen Ideen variiert, und dafür jegliche glaubwürdige Charakterzeichnung über Bord wirft. So technisch perfekt er sich darstellt, das Drehbuch hält mit seinen esoterischen Ideen nicht mit und schickt den Zuschauer ohne jemals Luft zu holen durch eine Reihe von Actionszenen, die zwar gut inszeniert sind, aber nicht verschleiern können, dass sich der Film für die Fragen, die er stellt, nicht wirklich interessiert.

Trivia am Rande: Die angeblich in Schottland verortete Höhlenmalerei mit den drei Pferden ist in Wahrheit in Südfrankreich zu finden. Über die dort gefundenen ältesten Zeugnisse menschlicher Kunst hat Werner Herzog den Dokumentarfilm Die Höhle der vergessenen Träume gedreht, dem sein 3D besser zu Gesicht steht als Prometheus.